Die Ausbildung der Primarlehrkräfte an der Universität. Neue Perspektiven der Lehrerbildung in Genf

  • Philippe Perrenoud Universität Genf
Schlagworte: Elementarbereich, Primarbereich, Lehrerausbildung, Studiengang, Hochschule, Praxisbezug, Theorie, Genf, Schweiz

Abstract

Sechzig Jahre nach der Institutionalisierung der "Etudes pédagogiques en trois ans" leitet der Kanton Genf die nötigen Schritte ein, um die Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer für die Vorschule und die Primarstufe in die universitäre Fakultät der Psychologie und der Erziehungswissenschaften einzubeziehen. Seit 1933 ist Genf in der Lehrerbildung einen eigenen Weg gegangen, nachdem der Conseil d’Etat des Kantons sich für ein dreijähriges nachmaturitäres Primarlehrerstudium entschieden hatte. Neben den Etudes pédagogiques pour l'enseignement primaire ist an der Lehrerbildung auch die Universität beteiligt, vornehmlich in der Gestaltung des zweiten, theoretisch orientierten Studienjahres. Lange schon sind die zuständigen Instanzen sowie die Etudes pédagogiques und die Faculté de psychologie et des sciences de l'éducation damit beschäftigt, den Wechselbezug von Theorie und Praxis zu verbessern und desgleichen die Zusammenarbeit der Fakultät mit der Institution der Primarlehrerausbildung, deren Diplom die Wahlberechtigung als Kindergärtnerin oder Kindergärtner einschliesst. Die Ansprüche an Vorschule und Schule und damit an die Lehrerschaft sind gewachsen, und sie werden im Hinblick auf die Entwicklungen, die uns das kommende Jahrhundert bringt, noch ansteigen. Darum gilt es, die künftigen Lehrerinnen und Lehrer zu kompetenten Fachleuten des Unterrichtens und Erziehens auszubilden. Das leistet im engen Praxisbezug hinfort die Universität Genf in einem Studiengang von vier Jahren Dauer, anschliessend an die Maturität oder, gestützt auf den in Genf möglichen maturitätsfreien Universitätszugang, aufgrund einer Berufslehre und Berufspraxis. Sofern das Projekt die Zustimmung der Behörden und der Universität findet - die vorgreifenden Grundentscheide sind bereits getroffen, nachdem sich eine klare Mehrheit der betroffenen Ausbildner und der Lehrerschaft dafür ausgesprochen hat, wird Genf als erster Kanton die Ausbildung der maîtres primaires unter Einbezug der Lehrkräfte für die Vorschule integral in die Universität verlegen. Die Genfer Lehrerbildung will sich mit der Universitarisierung nicht von der Schulrealität und -praxis abheben. Im Gegenteil: Der Synergieeffekt des Theorie- und Praxiszusammenhangs soll im Ausbildungsverlauf wirksamer werden. Das Anheben der wissenschaftlichen Ansprüche an die angehenden Lehrerinnen und Lehrer der Vorschule und der Primarstufe steht diesem Ziel nicht entgegen. Inskünftig soll die Ausbildung der maîtres primaires zu einer Licence en sciences d'éducation avec mention enseignement führen und das Brevet an diesen akademischen Titel gebunden sein.

Veröffentlicht
1993-08-01
Zitationsvorschlag
Perrenoud, P. (1993). Die Ausbildung der Primarlehrkräfte an der Universität. Neue Perspektiven der Lehrerbildung in Genf. BzL - Beiträge Zur Lehrerinnen- Und Lehrerbildung, 11(2), 139–152. https://doi.org/10.36950/bzl.11.2.1993.10747